GOTT SEGNE AFRIKA …NKOSI SIKELEL´IAFRIKA
DEA´S TAGEBUCH
von: Andrea Vidović
Berlin/Haare kürzer geschnitten, blond nachgefärbt, die Ausbildung angefangen, kein neues Handy gekauft, vielleicht paar Kilos dazubekommen, ein kleineres Zimmer, ein größeres Bett, die gleichen Freunde – und dazwischen sechs Monate.
Sechs Monate.
Vor ein paar Wochen saß ich in der U2 in Richtung Eberswalderstraße. Ein älterer Mann saß vor mir, mit traurigen, weitem Blick nach draußen. Auf seinem Kopf eine Mütze mit der südafrikanischen Flagge.
Sein trauriger Blick hat genau das ausgedrückt, was ich in diesem Moment gefühlt habe. Mein Herz war in Sekunden mit einem beunruhigendem Gefühl gefüllt. Ich war traurig. Diese Flagge, diese wunderschöne Flagge, mit sechs Farben.
Ich hatte vergessen, was ich mit diesen sechs Farben verbinde.
Zwölf Monate.
Ein Traum. So erging es mir nach meiner Rückkehr. Es ging alles so schnell, dass ich mich in meinem alten Leben wiedergefunden habe, ohne mir Zeit zu lassen. Altes Leben, nein das war es nicht mehr. Es war so anders. Es kommt mir vor, dass die Besetzung gleich geblieben ist. Aber die Musik, ja, die Filmmusik ist eine andere. Eine komplett andere.
Und jetzt. Traurigkeit, ein Klos im Hals und den Tränen nah. Mein Südafrika. Nein, das war kein Traum. Ich spüre es wieder in meinem Herzen, in meiner Seele. In jeder Faser meines Körpers.
Ein kleiner Schauer läuft über meinen Rücken, wenn ich nur daran denke, wie schnell die Zeit vergangen ist. Meine Erinnerungen sind jedoch die gleichen. Die Traurigkeit ist zwar noch da aber ich bin Stolz auf mich und meine Freunde. 10 000 km trennen uns und trotzdem spüre ich ihre Nähe jeden Tag. Südafrika ist in Berlin. Ich habe meine Augen aufgemacht und gesehen, dass es näher dran ist, als ich jemals zu träumen gewagt hätte.
Sechs Farben. Zwölf Monate. Ein Gefühl.
Dieser Mann, dieser Gesichtsausdruck. Die Mütze.
Auf einmal war es wie Kino. Mit Musik, mit Farben, so unterschiedlich – so schön. Mit Gerüchen und Gefühlen. Mit Straßen, Menschen und Blumen. So unbeschreiblich echt und nah.
Dankbarkeit. Ja, das trifft es. Ich bin dankbar.
Wofür ?
Dass ich Bugojno, meinen Geburtsort im Kopf habe, durch Berlin meine Heimatstadt laufen kann, jedoch einen noch entfernteren Ort im Herzen tragen kann. Und es so präsent in meinem Leben ist. Alle Orte und Menschen.
Wie kann man da nicht zufrieden und dankbar sein ?