DIE LANDSCHAFT ALS INSPIRATION

Über  Ruza Kanitz/Lesung am 15. Februar 2014, in der Kroatischen Gemeinde, organisiert von  “Kroatische Stimme Berlin”

Schreibt: Slavica Klimkowsky
022Im Frühjahr vergangenen Jahres und (wie könnte es anders sein) im Vorfeld einer Lesung habe ich Ruza Kanitz persönlich kennen gelernt. Es war weder ihre noch meine Lesung, sondern die unserer geschätzten und lieben Kollegin Natasa Dragnic, die sich mit uns in ihrem Hotel verabredet hatte.

Ruza und ich waren pünktlich, doch Natasas Zug  hatte Verspätung, so saßen wir beide – Ruza und ich – im Foyer des Hotels und nutzten die Zeit für ein Gespräch über die Literatur im Allgemeinen und über das Schreiben im Besonderen.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon zwei Bücher von Ruza Kanitz gelesen: „Die Fremde Nachbarin“ und „Polenta oder Milchkaffee“.

Im ersten zeichnete sie Interviews mit den in Berlin lebenden Migrantinnen aus verschiedenen Ländern auf. Aus welchen Motiven sie ihre Heimat verlassen haben, wie sie ihr Leben in Berlin empfinden und ob sie zurückkehren wollen.

Das Thema ihres Romans „Polenta oder Milchkaffee“ ist die Liebe, das Weggehen, das Ankommen in der Fremde und die Hoffnung auf ein besseres, leichteres Leben. Der Roman ist stark autobiographisch geprägt mit kleinen fiktionalen Einschüben. Ich habe ihn gern gelesen und sehr gemocht.

Dann folgten die Interviews mit den Migranten, herausgegeben im Buch „Berlin mit Akzent“.

Auch in ihrem neuen Roman „Schweigsame Ferne“ bleibt die Autorin dem Thema treu: Weggehen, sich in der Fremde ein neues, schöneres und vor allem leichteres Leben aufbauen als das in der südlichen Lika, das sie mit dem Verlassen der Heimat  glauben zurückgelassen zu haben. Aber, kann man das? Wenn das so wäre, gäbe es die Romane von Ruza Kanitz nicht – nehme ich mir heraus zu mutmaßen.

Jetzt aber zurück zum aktuellen Roman: zunächst beschreibt Ruza die Freundschaft von vier gleichaltrigen Dorfmädchen, die in ihrer Kindheit viel Zeit mit Tante Frani verbringen, vier Freundinnen von ihrer Kindheit an, über die Jugend, das Erwachsenen- bis hin ins hohe Alter. Eine von ihnen ist Mara.

Auch wenn einzelne Formulierungen manieriert wirken, wurde ich in die Handlung hineingezogen und folgte ihr zu den evozierten Momenten und Bildern, bei deren Beschreibungen die Autorin eine gute Beobachtungsgabe und ein hohes Maß an Sensibilität für Gemütszustände ihrer Charaktere bewiesen hat.

Außerdem erzählt Ruza Kanitz in ihrem neuen Roman eine berührende Liebesgeschichte von Mara und Jakov, deren Liebe bei einem der winterlichen Tanzabende durch die Überbringerin des Schicksals besiegelt wird. An dieser Stelle hat die Autorin in die Handlung des Romans märchenhafte Elemente verwoben, denn während Mara und Jakov gemeinsam tanzen, greift die Schicksalsfee tief in ihre Schürzentasche und wirft den glitzernden Zauberstaub.

In Ruzas Romanen gibt es noch eine andere Liebe, eine noch viel größere – die größte von allen, sie durchzieht nicht nur den aktuellen Roman, auch in ihrem ersten ist sie von Beginn an präsent. Das ist die Liebe der Autorin zu der wunderschönen und rauen Landschaft ihrer Heimat, mit dichten Wäldern, strengen, schneereichen Wintern, aber auch einer Luft, die beim einatmen prickelt und Bergquellen, deren kühles Wasser an heißen Sommertagen wunderbar erfrischt. Diese Landschaft ist eine unerschöpfliche Quelle Ruzas Inspiration und ich bin mir sicher, sie wird in ihrem nächsten Roman wieder eine große Rolle spielen.

 

Und nun wünsche ich allen Zuhörerinnen und Zuhörern viel Vergnügen bei der Lesung aus dem Roman „Schweigsame Ferne“.

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