Bücher, Medien und Autoren

Piše: Julia Elena Košak

Ist die Literatur besser geeignet, neue Perspektiven zu eröffnen, als politische Aktionen? war der Titel der diesjährigen Veranstaltung der Mittwochsgesellschaft im Rahmen der Interkulturellen Woche in Idstein, am Mittwoch, den 28. September in der Stadtbücherei Idstein.

Dr. Asghar Fassihi, Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt Idstein, Dipl. Ing. Ivica Košak, Vorsitzender der Kroatischen Kulturgemeinschaft e.V. und Dieter Kunz, Sprecher der Idsteiner Mittwochsgesellschaft haben mit der Vorstellung von fünf ausgewählten Werken der internationalen Literatur, unter anderem von Samule P. Huntington und Amartya Sen, die Grundlage zu einer angeregten und anregenden Diskussion geliefert.

Die Wahl dieses Themas wurde durch den algerischen Buchautor Boualem Sansal, diesjährigen Empfänger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, angeregt. Mit literarischen Mitteln kämpft Boualem Sansal gegen alles, was von seinem Volk als Unterdrückung erlebt wird. Seine virtuos geschriebenen und atmosphärisch dichten Bücher spiegeln die Erfahrungen einer geopferten Generation wider. Sein literarisches Wirken, das zu Beginn der Veranstaltung von Dipl. Ing. Ivica Košak vorgestellt wurde, sei die Suche nach einer Identität, die es immer noch neu aufzubauen gelte.

Im Verlauf des Abends präsentierte Dr. Asghar Fassihi die Werke des Züricher Professors Georg Bossong: Das maurische Spanien und Die Sepharden. Seit dem 8. Jahrhundert war der Islam für rund 900 Jahre auf der Iberischen Halbinsel präsent. In dieser Zeit kam es zu einem einzigartigen Miteinander von Muslimen, Christen und Juden und einer Blüte von Wissenschaft, Philosophie, Literatur und Kunst. Die Moschee von Cordoba und die Alhambra von Granada zeugen bis heute von diesem “Goldenen Zeitalter”. Der kulturelle Niedergang erfolgte durch die Vertreibung von Juden und Muslimen von der Iberischen Halbinsel. Es traf insbesondere die spanischen Juden – Sepharden die fortan zerstreut in den Länder des Osmanischen Reiches Zuflucht fanden. Auch in der neuen Heimat trugen die Sepharden entscheidend zur Multikulturalität bei. Zu sehen war dies besonders in den Grenzländern des Osmanischen Reiches wie Bosnien und die Herzegowina, die im regen Austausch mit benachbarten christlichen Ländern standen. So avancierte Saloniki zum “Jerusalem des Balkans”. Im 20. Jahrhundert traf der Holocaust die Sepharden bis ins Mark. Vertreibung und Vernichtung zerstörten ein über Jahrhunderte andauerndes Zusammenleben.

Mehr als 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg geht die Forschung über das Schicksal der Juden in Europa weiter. Die Geschichtswissenschaftlerin Dr. Esther Gitman erforscht die Wege, auf denen die überlebenden Juden in Kroatien gerettet worden waren. Geboren in Sarajevo und Überlebende des Holocausts schreibt sie in ihrem am Mittwoch im Rahmen der Veranstalung von Ivica Košak vorgestellten Buch „The Rescue and Survival of Jews in the Independent State of Croatia 1941-1945“ unter anderem darüber , dass auch in den dunkelsten Momenten der Geschichte das  Licht der Großzügigkeit der Menschen leuchten würde“. Pogrome des 2. Weltkriges haben dazu geführt, erinnert sich Esther Gitman , dass bis zum Ende des Krieges  75 Prozent der jüdischen Bevölkerung im Gebiet des Kroatien und Bosnien und Herzegowina getötet wurden. Aber  9500 von ihnen überlebten, wie sie sagt, “aufgrund der Aufopferung ihrer Mitbürger.”

Dieter Kunz stellte ein Erklärungsmodell von Professors Samuel P. Huntington vor, welches die Zeit nach dem Zusammenbruch des Kommunismus betrifft. Der Harvard-Professor verkündete in seinem Werk „Kampf der Kulturen: Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert„ einen Paradigmenwechsel. Eine völlig neue Form der internationalen Auseinandersetzungen beherrscht seiner Meinung nach das internationale Geschehen: Unterschiedliche Kulturkreise, die einander feindlich gegenüber stehen, prägen die Konfliktszenarien.

Als Gegenposition stellte  Ivica Košak das Buch: „Die Identitätsfalle, Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt“ des Autors Amartya Sen vor. Der Nobelpreisträger aus West Bengalen kritisiert mit Recht Samuel Huntigons populäre These vom Kampf der Kulturen. Amartya Sen zeigt in seinem Buch, dass die falsche Illusion einer einzigen Identität diesen „Krieg der Kulturen“ konstruiert und zugleich fatal vorantreibt. Sen zeigt nicht nur, wie die Spirale aus Identität und Gewalt entsteht, sondern auch, wie sie durchbrochen werden kann.

Zum Schluss wurde das Buch der Autorin Karin Richter „Krabat und die Schwarze Mühle“ vorgestellt. Die literarische Figur des Krabat alias  Ivan Sajatović als Reiterobrist rettete einst Johan August III vor der türkischen Gefangenschaft.. Johannes Schadowitz wurde wegen seiner ungewöhnlichen Größe, Verhaltensweise und seinem Wissen, das er auf vielen seiner früheren Reisen erwarb, als Zauberer angesehen. Die Bauern nannten ihn den „Kroat“ (sorbisch Chorwat), später entwickelte sich daraus der heute bekannte Name Krabat. Nach seinem Tod wurde aus Johannes Schadowitz der Zauberer Krabat, der von den Sorben noch heute als Schutzpatron verehrt wird. Die Krabat-Legende, deren erste Fassung aus dem 19. Jahrhundert stammt, kann von uns als Beispiel einer gelungenen Integration angesehen werden.

Mit der Vorstellung dieses Buches schloss Ivica Košak die Vortragsreihe ab. Modelle und Materialien für den Literaturunterricht, so wie es Karin Richter aufbereitete, werden besonders akzentuiert und mit Informationen zur Geschichte und Kultur der Umgang mit den Minderheiten dargestellt.

Die Veranstaltung mit angeregten und anregenden Diskussionen im Anschluss an die kurze Vortragsreihe wurde durch die Anwesenheit des Bürgermeisters Gerhard Krum und der Konsulin der Republik Kroatien, Frau Lidija Pansegrau Hadrović aus Frankfurt, besonders geehrt.

Als weitere Ehrengäste haben der bekannte kroatische Künstler Ivo Cenkovčan aus Berlin  und der Herr Jürgen Helbach, Vorsitzender des Kulturellen Arbeitskreises Mittelrhein „Die Treidler“ St. Goar e.V.,  an der Veranstaltung teilgenommen.

 

 

 

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Falko
12 years ago

Wenn man vom Esel tratscht, kommt er gelatscht.