WAS WÄRE WENN?

DEA´S TAGEBUCH
von: Andrea Vidović
Was wäre wenn ? Fragst du dich das manchmal ?
Ich mich schon !
Seit Januar mache ich nun die Ausbildung zur Physiotherapeutin hier in Berlin. Noch ganze drei Jahre vor mir. Eine für mich unendlich erscheinende Zeit. Drei Jahre.
Mal schauen, was mich erwartet. Danach kann es wieder losgehen. Das Fernweh und Ich. Dann wird es wieder losgehen. In die Weite, schöne Welt da draußen.
Doch was wäre wenn ? Ich hasse diese Frage in meinem Kopf. Aber sie ist berechtigt.
Stellst du dir die Frage nicht manchmal auch ?
Ich stelle sie mir nicht, weil ich was besseres und schöneres möchte, sondern, weil es mir sehr gut hier geht .
Was wäre wenn ?
Egal. Machen wir erst einmal damit weiter.
Nach der Ausbildung. Mein Traum: Südafrika, Sarajevo, Düsseldorf, Oxford, Kathmandu. Meine Freunde, Familie, meine Liebe. Das Alles und nicht weniger. Ich liebe die Welt. Ich liebe die Menschen. Ich liebe die Religionen, die Sprachen und die Musik. Genau da. Genau da will ich in drei Jahren stehen. Mit fast 25 Jahren.
Doch kommen wir jetzt zurück zum : Was wäre wenn ?
Was wäre wenn ich niemals in Berlin gelandet wäre. Mit meiner Schwester und meinen Eltern ? Wenn ich in Bugojno aufgewachsen wäre. Wenn ich niemals die Chance gekriegt hätte die Welt zu sehen. Die Menschen kennenzulernen, die ich bis heute kennengelernt habe ? Die inspirierenden Momente und Menschen. Die Musik, die Freunde, das Leben, mein Herz & meine Seele. Alles hier. Und alles so perfekt. Doch was wenn ich das niemals alles gehabt hätte. Wer ich die gleiche Person, die ich heute bin ? Ich hoffe doch. Sicher bin ich mir nicht.
Deswegen hasse ich diese Frage. Ich hasse es, wenn sie mir in den Sinn kommt. Ich bin glücklich, dass ich so geworden bin. Umso mehr hasse ich diese Frage. Ich möchte nicht daran nachdenken, was passiert wäre. Aus dem ganzen Schlechten, was meine Familie und mich nach Deutschland gebracht hat, sehe ich trotzdem vieles Gutes. Zum Glück.
• BUGOJNO- – Wenn ich das Ortsschild sehe brennt mein Herz am meisten. Was wäre wenn ? Ich liebe diese Stadt , obwohl ich so wenig über sie weiß. Meine Geburtsstadt. Die Stadt, die immer an erster Stelle steht. Auf jedem Dokument.
Doch Berlin steht in meinem Herzen an erster Stelle.
Stellt ihr euch die Frage nicht auch manchmal ? Bestimmt.
Ich sehe das alles als Chance. Ich lebe in Berlin. Meine Eltern aus einem anderen Land. Ich bin daran gewachsen. Es ist zwar nicht einfach. Viele Sachen, viele Fragen kommen auf. In seinem Geburtsort ist man Deutscher. In Deutschland, ja, was ist man da ? Ich sehe mich als Berlinerin. Man kann hier alles sein. Man kann überall alles sein. Man ist zerissen zwischen zwei vielleicht sogar drei Sprachen, Kulturen und Religionen. Kompliziert und hart ist es. Aber am Ende kann man aus beiden Welten seine eigene gestalten. Wie dankbar ich bin, das kann ich gar nicht ausdrücken ! Ich habe mir meine eigene Welt gebastelt. Mit allen Dingen, dir mir zur Verfügung stehen. Ich habe mich entschieden mein Leben zu leben, wie es mich glücklich macht. Wie ich denke, dass es richtig ist. Warum sollte ich irgendetwas weiter führen, was in meinen Augen nicht richtig erscheint. Ich möchte meinen Fokus auf die Probleme setzten, bei denen ich helfen kann, was zu ändern.
Ich finde es so spannend. Nicht nur ich. Jugendliche und junge Erwachsene aus der ganzen Welt. Geboren in einer Stadt , aufgewachsen in einer anderen, vielleicht sogar ein anderer Kontinent.

Das ist etwas wertvolles. Eine Truhe und wir sind der Schatz, der sich da drin verbirgt. Wir,  mit unserem Wissen , Sprachen und unserer Vergangenheit.
Es ist eine Chance etwas großes daraus zu machen. Warum machen wir es nicht ?
Es ist einfach sich aus allen rauszuhalten. Über schwierige Sachen nicht nachzudenken. Sich in seiner sicheren Umgebung zu verkriechen. Doch so sicher ist sie gar nicht.
Die Welt steht vor unserer Nase. Warum wollt ihr sie nicht ?

Warum fällt es so vielen Menschen leicht andere zu diskriminieren und zu denken, dass die eigenen Landsleute der richtige Umgang sind?
Warum ist es so einfach Menschen nach ihrer Religion und Sexualität zu verurteilen ?
Warum ist es so einfach sich nach seiner Herkunft als etwas Besseres zu fühlen ?
Warum ist es so einfach sich mit seiner Religion im Recht zu fühlen ?
Warum ist es so einfach die schlimme Vergangenheit zu ignorieren aber andere jedoch genau deswegen zu verstoßen ?
Warum ist es so einfach immer die schlechten Dinge zu sehen ?
Warum ist es so einfach die Augen zu verschließen, obwohl alles vor einem ist ?
Warum ist es so einfach andere zu hassen und eifersüchtig zu sein?

Darum. Weil es einem so einfach gemacht wird sein Gehirn auszuschalten.
Weil es doch immer jemanden gibt, der es schon machen wird.

„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“

Dieses Zitat von Mahatma Ghandi mag zwar alt sein und schon von vielen benutzt. Aber das ist das, worum es mir geht. Es wird immer Menschen geben, die die Welt im großen verändern. Aber das können sie nur, wenn Menschen anfangen ihren Kopf selber zu benutzen. Und nicht immer alles hinzunehmen. Das Alltägliche zu verändern.
Alles wird hingenommen oder ein schnelles , schlechtes Kommentar abgegeben. Aber um selber was zu verändern muss man anfangen etwas zu tun. Wie oft ich schon gehört habe, dass es nichts bringt. Das stimmt nicht. Wir sind so eine begabte , intelligente und fortschrittliche Generation. Leider wird das nicht von allen ausgenutzt.Was wäre wenn wir es machen würden ? Denn ja, es ist einfacher nicht darüber nachzudenken, was alles passiert. Ich weiß das. Ich kann es aber nicht. Ich muss darüber nachdenken. Ich kann einfach nicht alles hinnehmen.
Denn ich möchte mit helfen und nicht die Person sein, die ganz hinten steht und ihre Kommentare abgibt, ohne jemals was dafür getan zu haben .
Und deshalb bin ich gespannt , an welchen Orten ich irgendwann sein werde.
Die Welt steht uns allen offen. Wir sollten das ausnutzen.